Großer Erfolg: “Best Paper Award” für die KomMa-Forscher aus dem LBS-Team!

Es ist die wichtigste deutschsprachige Tagung im Feld der Medienökonomie und das KomMa-Team war mit gleich zwei Beiträgen vertreten. Für die LBS-Forscher gab es diesmal allerdings einen besonderen Grund zum Feiern: Ihr Beitrag “Location-Based Services (LBS) als medienökonomische Erfolgsfaktoren für partizipative Nutzererfahrungen (in regionalen Nachrichtenmedien)” wurde von einer hochkarätig besetzten Jury als bestes der Tagung ausgewählt. Jury-Sprecherin Prof. Dr. Barbara-Brandstetter aus Neu-Ulm: “Ein starker Bezug zum Tagungsthema wird hier von einer sorgfältigen methodischen Aufbereitung begleitet.”

Die Tagung trug den Titel „Internet-Intermediäre und virtuelle Plattformen medienökomisch betrachtet“ und wurde virtuell von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW) ausgerichtet. In insgesamt 21 Beiträgen zu den Schwerpunkten Video-on-Demand-Dienste, Konsequenzen für die Medienorganisation, Digitale Transformation der Medienökonomie und Medienmarketing in der Plattformökonomie wurden aktuelle Forschungsergebnisse präsentiert und diskutiert. Den LBS-Beitrag präsentierten Naomi Nowak und Harald Rau, Per Ole Uphaus und Björn Beringer sind ebenfalls Autoren. Eine mit internationalen Expert:innen aus Wirtschaft und Wissenschaft durchgeführte Delphi-Studie bildet die Grundlage des erfolgreichen Beitrages. In diesem untersuchen die KomMa-Forscher Herausforderungen der LBS-Implementierung auf Anbieterseite sowie vielversprechende Lösungsansätze für ein gesteigertes Nutzererlebnis. Zusätzlich werden LBS-Technologien mit einem hohen Zukunftspotenzial näher beleuchtet. Ein besonderer Schwerpunkt der Studie liegt zudem darin, Partizipationsmöglichkeiten für Nutzer:innen aufzuzeigen.

Standort und Internet-Intermediäre?

Die zentrale Frage: Wie passen Location-Based Services zum Tagungsthema „Internet-Intermediäre und virtuelle Plattformen“? Die Antwort kann eine Definition von Informationsintermediären liefern:

“Informationsintermediäre wie soziale Netzwerkplattformen oder Suchmaschinen erbringen vor- und/oder nachgelagerte Vermittlungsfunktionen, indem sie Informationen sammeln, strukturieren, gewichten und aggregieren. In vielen Fällen entscheiden sie, was überhaupt auffindbar, sichtbar und damit wahrnehmbar wird, und wirken so als bewertende, gewichtende und vorseleketierende Filter auf die Vielfalt der genutzten Inhalte.”

Stark et al. 2017

Auch der Standort kann zur Filterkomponente für Medieninhalte werden. Nach aktuellem Forschungsstand fehlt es in deutschen Verlagen allerdings bislang an Strategien zur Personalisierung digitaler Angebote und technologischen Wegen „Journalismus als gesellschaftliches Konzept in Empfehlungs- und Sortieralgorithmen für Nachrichten – respektive auf einer Plattform – abzubilden“ (Rech & Meyer 2021). Location-Based Services können hier einen entscheidenden Beitrag leisten.

Forschungsergebnisse und Best Paper Award

Die Befunde der Studie zeigen, dass die größten Herausforderungen der LBS-Implementierung bei traditionellen Medienunternehmen auf intraorganisationaler Ebene bestehen und diese noch immer in einem ‚Print-First-Mindset‘ festzustecken scheinen. Als vielversprechende Lösungsansätze für Akzeptanzprobleme auf Nutzer:innenseite konnten Expert:innen Ratings identifiziert werden. Darüber hinaus gilt Augmented-Reality als die LBS-Technologie mit den vielfältigsten Anwendungspotenzialen in der Zukunft. Zudem lassen sich zusammenfassend sechs zentrale Thesen für das Medienmanagement ableiten, die direkt oder indirekt auf die zentralen Forschungsfragen der Delphi-Studie abzielen:

  • These 1: Im Zeitalter digitaler Informationen ist der Austausch mit anderen Organisationen für den Journalismus zentral, um von eventuellen ‚Best-Practices‘ zu lernen und zugleich die Innovationsbereitschaft in der Medienbranche zu erhöhen.
  • These 2: Nutzerfreundliche LBS-Anwendungen mit eindeutigem Mehrwert können Akzeptanzproblemen entgegenwirken.
  • These 3: Standortbezogene, partizipative Nachrichtenangebote müssen problemlos zugänglich sein und mit Hilfe leicht verständlicher Teaser in den App-Stores, Zweck und Nutzen der Standortverwendung transparent offenlegen. Dies mindert Datenschutzbedenken und schafft Vertrauen bei (älteren) Nutzer:innen. Feedback sollte im Rahmen von Nutzerbewertungen möglich sein.
  • These 4: LBS mit integrierten Gamification-Ansätzen und/oder Augmented-Reality-Technologie können starke Partizipationsanreize für junge Erwachsene schaffen.
  • These 5: Virtuelle, kollaborative Plattformen von lokalen und regionalen Nachrichtenmedien können für Nutzer:innen aufgrund ihrer zentralen Datenbasis ein unkompliziertes, übersichtliches Rezeptionsangebot darstellen und diesen zugleich die Möglichkeit bieten, mit anderen Nutzer:innen zu interagieren und selbst eigene standortbezogene Medieninhalte zu produzieren.
  • These 6: Die Entwicklung und Optimierung partizipativer LBS-Anwendungen im Journalismus sollte stets unter Einbezug der relevanten Stakeholder erfolgen.

Die erfolgreiche “Reise” geht weiter. Die Delphi-Studie wurde mit neuem und verändertem Fokus auch für die internationale Tagung der European Media Management Ass. ausgewertet und das entsprechende Paper in Schweden angenommen: Schauplatz des internationalen Treffens für Forscher aus Medienmanagement und Medienönomie diesmal nämlich Jönköping. Dort gibt es dann auch ein Wiedersehen mit Annika Ehlers, die über mehrere Jahre hinweg das KomMa-LBS-Projekt betreut hat und auf Basis ihrer Forschungsleistungen an der Ostfalia als PhD-Kandidatin an die renommierte Business-School in Schweden wechseln konnte.

“Money for Nothing and Content for Free!” Das Buch mit dem Zeug zum Klassiker!

Christian-Mathias Wellbrock, Professor in Hamburg und Christopher Buschow, Juniorprofessor in Weimar haben ein bemerkenswertes Buch geschrieben, der Titel: “Money for Nothing and Content for Free. Paid Content, Plattformen und Zahlungsbereitschaft im digitalen Journalismus.” Die wissenschaftliche Arbeit an diesem Werk wurde von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen finanziert, im Nomos-Verlag, Baden-Baden ist das Werk in der Schriftenreihe Medienforschung als Band 82 erschienen. Harald Rau, Leiter des KomMa-Teams hat es jetzt für die aktuelle Ausgabe der wichtigsten deutschsprachigen medienökonomischen Zeitschrift, der “Medienwirtschaft” rezensiert und kommt zu dem Schluss:

“Es mag ja sein, dass das System der Landesmedienanstalten vielleicht nicht obsolet so aber doch unbedingt reformbedürftig ist – zu dieser These jedenfalls steht auch der Rezensent des Bandes von Christian Wellbrock und Christopher Buschow. Man kann aber auf der anderen Seite eben auch nicht verhehlen, dass gerade durch die föderal organisierte Struktur dieses Anstaltsreigens ein breiteres Meinungsspektrum entsteht; besser: nicht nur Meinungs- sondern offenbar auch Forschungsspektrum, wie man mit Band 82 der Schriftenreihe Medienforschung im Nomos-Verlag nun vorgeführt bekommt.”

Die vorliegende Studie – man kann auch sagen: Es ist eine ganze Reihe von Studien, die hier zusammengeführt werden – ist, glaubt man Harald Rau, Professor für Kommunikationsmanagement in Salzgitter, vor diesem Hintergrund eine von Landesmedienanstalten (hier die nordrhein-westfälische) untersstützte und beauftragte Perle, die die beiden wichtigsten deutschen Medienökonomen der jüngeren Generation haben reifen lassen:

“Der Rezensent kennt keine der wichtigen internationalen Tagungen mit Medienökonomie- oder Medienmanagement-Schwerpunkt, die die beiden Wissenschaftler auslassen. Das sei hier auch deshalb angemerkt, weil das Werk zweifelsfrei durch eine kenntnisreiche internationale Perspektive geprägt ist; dies ist keinesfalls selbstverständlich und muss hier positiv hervorgehoben werden. Ein anderer Punkt erscheint von Bedeutung: Dieses Buch ist undogmatisch und rein an einem fraglos auch von der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen moderierten Erkenntnisinteresse entlang entwickelt. Das macht es wertvoll und lesenswert.”

Kein deutschsprachiges Buch, da ist sich der Rezensent sicher, hat bislang in ähnlicher Weise Erkenntnisse zur Zahlungsbereitschaft für journalistische Inhalte zusammengeführt. Allein Teil B des Buches würde dessen Publikation schon rechtfertigen, schreibt er, wenngleich hier die Anmerkung erlaubt sein müsse, dass an manchen Stellen, eine etwas ausführlichere Darstellung durchaus vorteilhaft gewesen wäre und führt dies mit Verweis auf die eingesetzte Statistik aus. Die kommunikationswissenschaftlich orientierte Medienökonomie, und das zeige das Werk, müsse wieder oder überhaupt im kommunikationswissenschaftlichen Kanon eine Schlüsselstellung erhalten! Dies betont Harald Rau in seinem pointierten Text auch deshalb, weil dem inhaltlichen Bedeutungszuwachs zumindest an den deutschen Universitäten eine deutliche Unterrepräsentation entgegensteht: “Ohne einen nicht zwingend monetär-gewinnmaximierenden ökonomischen Blick auf die Realitäten der Mediennutzung, auf Regulierungsinitiativen und die versuchte Einhegung von Auswüchsen auf Angebotsseite bleibt die Medienpolitik auf einem Auge blind.”, so Harald Rau wörtlich in der Rezension. Den gesamten Text gibt es auf der Seite der Medienwirtschaft.
Das Buch in der e-library des Nomos-Verlages.

Forschung sichtbar machen! Auch an Fachhochschulen! Auch an der Ostfalia!

Fachhochschulen kämpfen häufig mit der Sichtbarkeit ihrer Forschungsleistungen. Sie haben eine andere Infrastruktur als Universitäten, kein Promotionsrecht in Niedersachsen und eine deutlich höhere Lehrverpflichtung ihrer Professorinnen und Professoren. All die Widrigkeiten verhindern nicht, dass erhebliche Beiträge zur Forschungsleistung des Landes unter Beteiligung oder in Alleinverantwortung von Fachhochschul-Professorinnen und Professoren beigesteuert werden. An der Ostfalia soll dies noch sichtbarer werden – und die Hochschule mit ihren vier Standorten folgt damit der bereits vor fünf Jahren formulierten Strategie 2020. Darin ist vermerkt:

“Wir entwickeln und implementieren ein Konzept für die Vergabe von internen Forschungseckprofessuren. Die Forschungseckprofessuren sollen als wichtiges Instrument dazu dienen, Forschungsfelder zu etablieren, auszubauen und forschungsförderliche Strukturen aufzubauen.”

Ostfalia Strategiekonzept 2020

Berufung auf eine Forschungseckprofessur

Das Verfahren zur Berufung auf eine solche Forschungseckprofessur ist ebenfalls bereits etabliert. Im vergangenen Semester wurden etwas mehr als zehn Lehrende der Ostfalia aus nahezu allen Fakultäten eingeladen, sich um eine der Eckprofessuren zu bewerben. KomMa ist mit dabei!

“Für mich ist das ein Erfolg und eine absolute Bestätigung der Strategie, die wir im Team in den vergangenen Jahren ‘gefahren’ sind. Wir haben mit nicht nachlassender Energie auch angesichts von Enttäuschungen und Absagen immer und immer wieder Anträge geschrieben, Förderungslinien begutachtet, unsere Forschungen international präsentiert, uns an der Hochschule interdisziplinären Teams angeschlossen – das zahlt sich jetzt aus!”

Harald Rau

Die Voraussetzungen für eine Forschungseckprofessur

Die Inhaber einer Forschungseckprofessur müssen umfangreiche Voraussetzungen erfüllen, Drittmittel eingeworben, wichtige Publikationen veröffentlicht haben; dafür profitieren sie künftig von Lehrbefreiungen in interessantem Umfang und sie sind an den Fakultäten herausgehoben. Insbesondere sollen die Professuren dazu dienen, die Forschungsleistung der Ostfalia noch besser sichtbar zu machen und auch nach außen zu kommunizieren, vermerkt der Vizepräsident für Forschung der Ostfalia, Prof. Dr. Gert Bikker, in seinem Einladungsschreiben.

Noch ist nichts entschieden

“Wir werden uns aber für einen guten Antrag ins Zeug legen.”, sagt Harald Rau, der darauf hofft, am Ende zu den Ausgewählten zu gehören. Er freut sich auch für seine Fakultät und den Standort:

“Es ist wichtig, dass auch Salzgitter als wichtiger, moderner und vermutlich schönster Standort der Ostfalia vertreten ist!”.

KomMa-Meinung gefragt: Beiträge zur “Generation Z”

Auf Einladung der Herausgeber gibt es im Stadtglanz-Magazin, Nummer 18 einen Beitrag von Harald Rau zur ‘Generation Z’. Unter dem Titel “Zwischen ‘Binge Watching’ und ‘Sexting’: Generation schlaflos!” wird mit vielen Vorurteilen aufgeräumt und ein Blick über den Tellerrand gewagt: “Klar, vieles kommt digital daher in der Generation Z, schließlich ist sie die erste, die eine Welt ohne Internet nicht kennt. Was aber, wenn man hinter die Fassade schaut, wenn man mit internationalem Anspruch auf diejenigen blickt, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurden – und wenn man dabei einen wissenschaftlichen Anspruch nicht aufgibt? Ein paar spannende Erkenntnisse sind da schon dabei – und am Ende bleiben Vorurteile eben genau das: Vorurteile, die nicht zutreffen!” Den ganzen Text gibt es im E-Paper des Stadtglanz frei zugänglich.

StadtglanzTALK – Folge #1 des Podcasts

Und weil auf die Veröffentlichung so viele Nachfragen kamen, hat sich das Magazin entschieden, für das neue Stadtglanz-Portal auch gleich noch einen Podcast zum Thema zu produzieren. Alle Einzelheiten, alle Informationen zu den Diskutierenden sowie den gesamten Podcast gibt es hier: https://www.stadtglanz.de/d/stadtglanztalk

KomMa im NDR. Harald Rau als Experte in “Funkbilder – Der Tag”

Drei Hashtags, 53 Filme und das Dilemma ist perfekt: allesdichtmachen, niewiederaufmachen, lockdownfürimmer. Die Aktion von 53 deutschen Schauspielerinnen und Schauspielern auf YouTube hat in den Medien Wellen geschlagen – insbesondere auch durch die Tatsache, dass ein Ideengeber der Aktion von Berichterstattern (spiegel.online, Süddeutsche Zeitung) in Querdenkernähe gerückt wurde. Einige ruderten zurück, andere relativierten oder rechtfertigten sich. Auffällig ist indes die professionelle Umsetzung der kurzen Clips, die die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung satirisch-kritisch aufs Korn nehmen und die dabei zum Teil – so jedenfalls die Reaktionen – als grenzwertig zu betrachten sind. Auch NDR 1 berichtete und wählte den Inhaber der KomMa-Professur als Experte. Moderiert von Jan Starkebaum empfahl der Medienexperte allen Hörern, sich ein eigenes Bild zu machen, auch um auch das eigene Denken gegen die in den Videos zum Teil transportierte Haltung einzusetzen. In jedem Fall ein spannendes Thema. Er empfahl insbesondere den Beitrag von “Hanns Zischler”, der interessanterweise auch den Produzenten und die ganze – am Ende in der Tat verfehlte Aktion – zu ironisieren weiß.
Die Sendung “Funkbilder – der Tag” ist eine moderne Neuauflage des ältesten Radiomagazins in Deutschland. und läuft von Montag bis Freitag zwischen 16 und 18 Uhr bei NDR 1 Niedersachsen. Das Magazin fasst am Nachmittag die wichtigsten Themen aus Niedersachsen und der Welt zusammen. Sie erläutert Hintergründe und Zusammenhänge, gibt eine Einschätzung und zeigt klare Meinung.

(c) Bildmotiv: Screenshot der Seite “allesdichtmachen.de”

Audiozitat aus der Sendung NDR Funkbilder – der Tag, moderiert von Jan Starkebaum

KomMa im neuen Handbuch Medienökonomie: Meritorik als zentrales Kapitel!

Die österreichischen Medienökonomen Jan Krone und Tassilo Pellegrini haben ein Mammutwerk geschafft. Jetzt kam gleich in zwei Bänden das Handbuch Medienökonomie im Springer-Verlag heraus. Im Werk stecken nahezu zehn Jahre Arbeit. Und es zeigt sich: KomMa ist und bleibt in Deutschland eine wichtige Heimat für die Medienwirtschaft mit sowohl volks- als auch betriebswirtschaftlichen Bezügen. Spätestens die vorliegende Publikation macht es deutlich.

Harald Rau, Inhaber der KomMa-Professur, ist sehr prominent gleich im ersten Kapitel des ersten Bandes vertreten mit einem – aus seiner Sicht natürlich selbstverständlich erscheinenden – wichtigen und bedeutsamen Beitrag für die Medienökonomie: “Meritorik – eine Frage der Präferenzen” – so ist der Beitrag überschrieben und Rau entwickelt auf gut 25 Seiten ein umfassendes Konzept zur Medienmeritorik, das über bisher vorhandene Publikationen deutlich hinausweist.

Meritorik begründet vielfach Eingriffe des Gesetzgebers in das Mediensystem, ist damit auch ein wichtiges medienpolitisches Thema, wenngleich eine erfahrungswissenschaftliche Bestätigung bislang eher problematisch ist. Am weitesten hat in diesem Punkt möglicherweise die kritische Theorie gedacht, worin sich zeigt, dass Medienökonomie nie von gesellschaftstheoretischen Aspekten abgespalten werden kann. Vielmehr ist sie zentral für alles kommunkationswissenschaftliche Denken, vor allem dann, wenn es um Massenmedien oder Soziale Medien geht.

Im Buch gibt es übrigens ein Wiedersehen mit der gesamten Gemeinschaft forschender Medienökonomen im deutschsprachigen Raum – beeindruckend und bemerkenswert. Es ist ein wichtiges Buch, weil es die Medienökonomie auch aus ihrem Schattendasein herausführt, das sie angesichts kommunikationswissenschaftlicher Schwerpunkte der meisten Forscher lange Jahre führte.

Und dieses Buch zeigt, wie bedeutend Fachhochschulen sind, was die Forschungsleistung betrifft. Denn während an den Universitäten die Medienökonomie nach wie vor gegenüber anderen Disziplinen stark unterrepräsentiert ist, haben zahlreiche FH-Professuren beachtliche wissenschaftliche Erfolge erzielen können. KomMa zählt fraglos zu diesen.

Von der ausgezeichneten Bachelorabsolventin zur wissenschaftlichen Mitarbeiterin

Hochschulgebundene Campusmedien im Qualitätscheck – eine quantitative und qualitative Analyse

Als Konsequenz der rückläufigen Leserzahlen in der Zielgruppe der jungen Erwachsenen innerhalb der Zeitungsbranche, habe ich mich letztes Jahr im Rahmen meiner Bachelorarbeit mit den Erwartungen der jungen Zielgruppe an Nachrichtenangebote beschäftigt. Mit Blick auf journalistischen Content von jungen Leuten für junge Leute wird in der Arbeit danach gefragt, ob es diesen Angeboten tatsächlich gelingt, die Interessen der Millennials zu vertreten und somit den Geschmack der Zielgruppe zu treffen. Mit Hilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse habe ich insgesamt einhundert Beiträge der Online-Nachrichtenangebote „Bento“ und „Ze.tt“ sowie der hochschulgebundenen Campusmedien „Querschreiber“, „Campus38“, „ungeplant“, „ernsthaft“, „Einsteins“, „Kurt“, „Jade Impuls“ und „Edit“ aus den Monaten Juni und Juli 2020 untersucht. Erhoben wurden konkrete Nachrichten-Bedürfnisse der Millennials wie Orientierung, Nutzwert oder Bezug zur Lebenswirklichkeit sowie Boulevardisierungstendenzen und journalistische Qualitätskriterien. Ergänzend dazu habe ich vier qualitative Leitfadeninterviews mit Leitern und Leiterinnen der vier zuletzt genannten Campusmedien geführt. Befragt wurden sie unteranderem zur zielgruppenspezifischen Ansprache der Millennials und zum Professionalisierungsgrad von Campusmedien. In den Ergebnissen der Arbeit zeigt sich, dass die gesuchten Gratifikationen der Millennials sowie ihr spezifisches Nutzungsverhalten von den Campusmedien sowie „Bento“ und „Ze.tt“ größtenteils berücksichtigt werden und alle Medien die journalistischen Qualitätskriterien in hohem Maße erfüllen.

Was das alles mit dem KomMa-Team zu tun hat?

Für mich war die Bachelorarbeit und die Auszeichnung mit dem 2. Platz im Rahmen des wissenschaftlichen Nachwuchspreises ein Schlüssel, der mir eine neue Tür und damit eine großartige Chance geöffnet hat. Somit ist es meine Neugierde für das wissenschaftliche Arbeiten, die mich letztendlich hier her zum Team der Professur für Kommunikationsmanagement geführt hat.
Am KomMa-Team reizt mich die hohe Motivation der Kollegen und Kolleginnen sowie ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten und Fähigkeiten, wie auch ihre Leidenschaft für Wissenschaft.

Unterstützung im LBS-Projekt

Ich freue mich daher, dass ich seit heute nun auch Teil des Teams sein darf. Derzeit bin ich im drittmittelgeförderten Projekt mit Schwerpunkt Location Based Services für die wissenschaftliche Begleitung, Koordination und Dokumentation verantwortlich. Meine Aufgaben liegen zudem in der Unterstützung der Professur für Kommunikationsmanagement zur Erweiterung dieses Forschungsschwerpunktes sowie im Management der interdisziplinären Abstimmung unter den Projektbeteiligten in und außerhalb der Fakultät. Ich bin überzeugt, dass die Arbeit im KomMa Team auch für meine persönliche Weiterentwicklung äußert wertvoll sein wird. Ich blicke daher gespannt in die Zukunft und freue mich auf alles was vor mir liegt.

Kultur wieder in den Mittelpunkt der Gesellschaft rücken

Kultur Talk #6 mit Prof. Dr. habil. Harald Rau

In der sechsten Folge des Kultur Talk sprechen Talkmaster PhDr. Sven-David Müller und Prof. Dr. Harald Rau. Gemeinsam talken die beiden zu Fragen wie: Warum ist Kommunikation für Kultur wichtig? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse lassen sich zur Kulturkommunikation formulieren? Wo in der Region kann man Kultur erleben?

Harald Rau geht besonders auf seinen Wohnort Salzgitter ein, der seiner Meinung nach mehr Kultur zu bieten hat, als allgemein in der Region und darüber hinaus bekannt ist.

Produziert wird der Kultur Talk von studio kult TV. Neben dem kultur talk produziert studio kult TV auch Reportagen und das Live-Format “Live und in Farbe”. Im Programm von studio kult TV dreht sich alles um Kunst, Kultur, Gesundheit, aktuelle Ereignisse und herausragende Persönlichkeiten der Stadt Braunschweig und dem alten Land Braunschweig mit seinen Städten Wolfsburg, Wolfenbüttel, Salzgitter und Goslar.

Transkript des Talks

Sven-David Müller: Hallo und herzlich Willkommen zum Kultur Talk, dem Kulturmagazin aus und für die Stadt und Region Braunschweig. Ich habe heute einen ganz besonderen Gast. Keinen Theater-Intendanten, keinen Geschäftsführer eines Kulturvereins, sondern einen leibhaftigen Professor: Prof. Dr. Harald Rau. Er ist Professor für Kommunikationsmanagement an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft. In der Lehre befasst er sich mit Publizistik, Journalismus und Medien. Er ist auch in der Forschung sehr aktiv. Er befasst sich wissenschaftlich auch mit Kulturmanagement, Kommunikationsleistungen im Kulturbereich – aber als erstes interessiert mich natürlich, Harald, wie wird man eigentlich Professor?

Harald Rau: Mit der Frage habe ich jetzt nicht gerechnet, aber eine tolle Frage. Das ist ja ein unglaublich langer Weg. Du kennst das ja auch aus deiner Karriere heraus. Ich habe das nie geplant. Professor zu werden habe ich nie geplant. Ich habe sogar in meinem Studium bewusst für mich – ich habe damals extra BWL gewählt damit ich nicht … in Hagen, ich habe in Hagen studiert, Fern-Universität, und in Hagen war die einzige Möglichkeit an Erziehungswissenschaften vorbeizukommen, in den Sozialwissenschaften, in denen man ganz BWL studiert, also Wirtschaftswissenschaften. Und ich wollte auf partout kein Lehrer werden. Heute bin ich so irgendwas wie ein Lehrer, wobei natürlich Hochschullehrer noch mal ein bisschen was anderes ist. Wie wird man Professor? Mit viel, mit viel Liebe zum Detail und Selbstdisziplin glaube ich. Ich glaub Selbstdisziplin ist wahrscheinlich und Selbstorganisation ist wahrscheinlich das zentrale Moment und man muss eine gewisse Hartnäckigkeit vielleicht auch haben, um bei seinen Themen zu bleiben.

Sven-David Müller: Und Kommunikationsmanagement ist ja wirklich ein spezielles Fach – und was kann das auch mit dem Thema Kultur zu tun haben? Ich weiß, dass du gerade in diesem Bereich auch geforscht hast und forschst. Welche Bereiche berühren da besonders? Was hast du für Ergebnisse erzielt, wobei bist du gerade aktiv in der Forschung?

Harald Rau: Also interessant finde ich immer die Kombination aus wie kann ich für den Kulturbetrieb so kommunizieren, dass der Kulturbetrieb relevant für die Gesellschaft und für die Menschen bleibt? Und das ist gar nicht so einfach, weil wenn ich jetzt die Frage nutze, um schon gleich so einen Bogen zu schlagen, du musst dir ja überlegen, man hat im Kopf so ein Mindset und dieses Mindset sagt: Oper ist toll. Sage ich auch, ich gehe gerne mal in die Oper, ich gehe gerne MAL in die Oper. Aber die Oper könnte nicht davon existieren, von meinen eher seltenen ab und an Besuchen, sondern die bräuchte regelmäßigen Besuch und bräuchte vor allen Dingen kostendeckenden Besuch, damit sie tatsächlich in einem Marktmodell auch überleben könnte. Und ich glaube, dass eben ein ganz großes Problem des Kulturbetriebes darin liegt, immer noch diese Relevanz zu behalten, damit eben auch die Resonanz in der Gesellschaft und in der Bevölkerung auch bleibt und dafür ist Kommunikation sehr, sehr wichtig. Und ich glaube der Kulturbetrieb braucht Kommunikationsleistungen, auch strategische Kommunikationsleistungen, um wahrgenommen zu bleiben, um auch weiterhin attraktiv zu sein, um weiterhin als Teil der Gesellschaft wahrgenommen zu werden.

Sven-David Müller: Welchen Stellenwert hat Kultur in deinem privaten Leben, aber auch tatsächlich in der Tätigkeit als Hochschullehrer? In welcher Form kannst du dich auch als Hochschullehrer in die Kultur der Studenten, in die Kultur-Wahrnehmung von Studenten, in die Kultur-Beflissenheit von Studenten einbringen? Aber zuerst das private. In die Oper gehen habe ich jetzt schon gehört, ab und zu mal.

Harald Rau: Ab und zu mal. Ich bin eigentlich eher Sprechtheater-Typ, also Sprechtheater. Ich habe auch so ziemlich alles glaube ich an Sprechtheater gesehen, was es so auch in der Gegend gibt. Schätze auch durchaus das Schauspiel in Braunschweig. Und ich möchte eine Szene kurz schildern, weil die glaube ich auch zu der ersten Frage ganz gut passt. Ich muss dazu leider so einen kleinen Bogen schlagen. Ich war in dieser wunderbaren Handke Inszenierung, diese Landstraße da, hier am Staatstheater in Braunschweig, kleines Haus, und du musst dir vorstellen auf der Bühne waren am Ende genauso viele Leute wie im Publikum, ja. Und deswegen glaube ich ist es so wichtig, dass wir Kultur unbedingt wieder in die Mitte der Gesellschaft führen müssen und dass wir was tun müssen dafür. Für mich war das, war diese Inszenierung einer der grandiosesten die ich hier jemals gesehen habe. Also … vielleicht ausgenommen der Prinz von Homburg, der einfach durch dieses Bühnenbild so genial war mit dieser Schlammschlacht im wahrsten Sinne des Wortes. Diejenigen, die hier regelmäßig sind, haben den bestimmt auch alle gesehen. Also man kann hier ja einfach wirklich tolle Sachen erleben und sie geht aber an manchen Stellen wirklich, es schießt offenbar an den gesellschaftlichen Realitäten vorbei, was ich sehr traurig empfinde. Interessanterweise sind die Leute, die hier nicht ins Theater gehen, diejenigen, die in Wien ins Burgtheater gehen. Und das war jetzt natürlich ein guter Vergleich, weil der Burgtheater Schauspieler ausgerechnet in dem Stück ja auch mitgespielt haben. Insofern ist es wirklich eine Frage, wie kriegen wir es hin wieder den Kulturbetrieb so attraktiv zu machen, dass zumindest die Resonanz da ist, Subventionierung gerne immer noch, aber dass zumindest die Resonanz da ist und dass wir Reichweite bekommen? In Social Media Zeiten reden wir immer von Reichweite und ich glaube, dass der Live-Kulturbetrieb an manchen Stellen, wenn wir von höherer Kultur, rede jetzt nicht von Hochkultur, aber von höherer Kultur ausgehen, da ist der Live-Betrieb einfach oftmals wirklich, ja, in unserem Bewusstsein unterrepräsentiert.

Sven-David Müller: Wir haben ja im kulturellen Bereich nicht nur die Oper und das Schauspiel, das Tanztheater, Konzert, sondern wir haben ja auch Museen. Ich glaube Museen leiden noch viel mehr unter zu geringer Reichweite. Wie ist das aus deiner Einschätzung als Kommunikationsexperte: Wie könnten Museen wieder in den Mittelpunkt der Gesellschaft gerückt werden? Nur über Events oder wie ist das machbar?

Harald Rau: Das ist eine ausgezeichnete Frage, weil wir bis heute aus erfahrungswissenschaftlicher Sicht keine wirkliche Antwort darauf haben, sonst hätten wir die Lösung ja schon parat. Vielleicht darf ich einfach mal einen ökonomischen Vorschlag machen. Wir alle handeln, wir gehen ins Restaurant, setzen uns hier zum Beispiel in den Heinrich, wenn die Pandemie vorbei ist. Wir gehen aus, wir gönnen uns was, das heißt wir haben bestimmte Bedürfnisse, die wir befriedigen und die wir erfüllen. Und ich unterscheide immer gerne zwischen handlungsleitenden Bedürfnissen, also ich gehe jetzt hier wirklich essen, und zwischen den Bedürfnissen, die eben nicht handlungsleitend gelebt sind. Und kulturelle Bedürfnisse sind für mich ganz oft eben Bedürfnisse, da wo man denkt: Ja, Oper ist wichtig, dass wir sie haben, Theater, Schauspiel ist wichtig, dass wir das haben, Museen ist ganz wichtig, dass wir es haben, dass wir diese Kultur auch bewahren. Ich unterstütze das auch gerne, aber ich gehe eigentlich nicht hin. Ich war unlängst, das war natürlich schon in diesem Jahr im Frühsommer, das war schon auch schon zu Zeiten der Pandemie, die Museen hatten noch offen und ein guter Freund aus Hamburg hat mich besucht. Dann sind wir hier ins Herzog-Anton-Ulrich-Museum gegangen, weil wir natürlich, weil ich weiß, dass Hardy Gundlach, auch ein Medienregulations- oder Medienregulierungsexperte und Hardy weiß ich, wenn wir uns treffen, wir gehen eigentlich immer ins Museum. Egal wenn wir auf einer Tagung uns treffen, sage ich „Hardy, wie sieht’s aus, gehen wir im Anschluss wieder ins Museum?“. Dann habe ich gedacht, na dann biete ihm was Gutes, weil die Sammlung hier ist ja einzigartig und wir waren mit zwei weiteren Gästen in diesem großen Haus die einzigen Gäste. Und es waren deutlich mehr, auch diesem Falle, wieder deutlich mehr Aufsichten und Ordner … Weiß nicht, wie bezeichnet man … Ja, Museumsaufsichten im Haus als Besucher. Dabei macht ja auch dieses Museum schon relativ viel in der Kommunikation. Sie haben ja schon viele … Sie haben eine tolle Website, sie machen Events, sie machen Veranstaltungen. Ich glaube, dass wir einfach noch stärker eben genau diese kulturlichen Bedürfnisse, also wir sagen Kultur ist etwas was unsere Gesellschaft zusammenhält, dass wird das einfach immer und immer und immer wieder und noch stärker betonen müssen. Dass wir zumindest auch den gesellschaftlichen Rückhalt dafür haben, denn irgendwann, wenn wir gar keine Resonanz mehr haben, dann können wir sagen, ja, also Sie erinnern sich vielleicht an dieses Buch „Der Kulturinfarkt“, wo es genau darum geht, dass wir viel zu viele Theater, Orchester, Museen – es geht im Wesentlichen dort um Orchester und Museen – viel zu viel davon haben und viel zu viel finanzieren, aber es ist ja unsere Identität, die am Ende da dranhängt.

Sven-David Müller: Die Ostfalia ist ja eine Hochschule, die von ihrer Dimension nicht unterschätzt werden darf. Es ist mit 13.000, fast 13.000 Studenten, eine der großen, einer der größten Hochschulen in Niedersachsen und auch in ganz Norddeutschland, das darf man nicht übersehen. Die Standorte sind eben nicht in Braunschweig, sondern Salzgitter, Wolfsburg, Suderburg, Wolfenbüttel. Wie kann eine Hochschule mit fast 13.000 Studenten das kulturelle Leben einer solchen großen Region bereichern? Was macht die Ostfalia selbst, um Kultur zu bereichern?

Harald Rau: Was KÖNNTE sie tun, würde ja gerne korrigieren. Wir haben die Tradition einer Technischen Hochschule. Kulturbereicherung … Sie merken an meiner langen Pause. Ich glaube, dass gerade auch diese Institution durchaus mehr für die Bereicherung kultureller Kontexte tun könnte. Wir hatten jetzt die Möglichkeit einen Nachlass zu erwerben, den Nachlass eines ganz berühmten Forschers zu Egon Erwin Kisch. Egon Erwin Kisch ist ein Autor und Journalist, der mit großer Tragweite in den … die Jahrhundertwende, also die vorletzte Jahrhundertwende, gelebt hat. Kommunistisch unterlegt war, viele Forschungsreisen, also Reportagereisen im Grunde gemacht hat und so als literarischer Journalist wirklich sehr berühmt war und wir hatten die Möglichkeit hier an den Nachlass heranzukommen. Die Hochschule hat es abgelehnt, auch natürlich, weil keine Erfahrung mit dem Hosting und mit dem Betrieb und mit … eine Aussage war schon „Wir sind kein Archiv“. Das hat mich persönlich sehr verletzt, das muss ich ganz klar sagen, weil ich dort einfach die Chance gesehen hätte, dass man gerade im Kulturbetrieb oder gerade in den Bereichen, die eben die Ostfalia heute repräsentieren – wir sind nicht mehr nur eine Technische Hochschule, sondern wir sind viel weiter aufgestellt, wir sind viel weiter aufgespannt und haben eben sehr viele sozialwissenschaftliche und auch durchaus geisteswissenschaftliche Schwerpunkte. Aber gut, das sind strategische Entscheidungen. Ich respektiere das. Also ich respektiere das, es ist dann einfach nur eine Möglichkeit, die an uns vorbeigezogen ist. Mal sehen, vielleicht klappt noch irgendwas mit einer Stiftung, die uns unterstützt. Aber das sind so Dinge, wo ich denke, vielleicht könnte man mit einem anderen, mit einer anderen Perspektive drauf doch noch stärker in den Kulturbetrieb eingreifen. Es gibt ja, das muss man zur Ehrenrettung sagen, eben auch mal oder es gab in den Zeiten, in denen es möglich war, auch Konzerte in der großen Aula in Wolfenbüttel. Es gibt durchaus viele Verbindungen in die Kulturszene hinein, das ist unbenommen. Ja, aber es ist … Ich glaube, da ist noch, wie man das im amerikanischen so schön sagt, room to improve. Ich glaube schon, dass da noch mehr möglich ist.

Sven-David Müller: Und wie kann man die Studenten als Hochschule dafür begeistern, dass noch mehr sozusagen die Studenten sich ins kulturelle Leben einbringen oder einfach nur Konsument, Zuschauer oder Nutznießer von kulturellen Angeboten sind?

Harald Rau: Jetzt sehen Sie ja, dass die Theater in ganz Niedersachsen für Studenten und Studentinnen großartige Angebote machen. Man kann irgendwie eine halbe Stunde vorher kommen, bevor es anfängt und zahlt dann nix und hat einen Sitzplatz im Theater. Ja, auch schade, dass das auch nicht so üppig genutzt wird. Ich glaube …

Sven-David Müller: Woran liegt das? Das muss doch einen Grund haben. Ich stelle heute Fragen, die niemand beantworten kann, das ist mir schon …

Harald Rau: Ich beantworte Sie Ihnen, auch wenn ich keinen empirischen Proof dafür habe, ich beantworte sie Ihnen. Ich kann Ihnen aber nur meine eigene Position, meine eigene Haltung dazu sagen. Ich glaube, ich bin zutiefst überzeugt davon, dass es am veränderten Kulturkonsum liegt. Also dass es am veränderten Konsumverhalten liegt. Ich bin ein großer Freund von dieses fromschen Denkens, ich will da nicht zu tief in die Theorie gehen, aber wir sind heute in unserer Gesellschaft sehr, sehr haben- orientiert. Ich habe Zugang zu etwas, ich habe Netflix, ich habe Amazon Prime, ich habe Disney, ich habe vielleicht noch Sky, also die Sportmöglichkeiten dazu. Und wir haben einfach ein so breites Subkultur-Angebot oder Unterhaltungskultur-Angebot, dass man sich ja auch … Also für uns sind ja diese langen Zeiten einer Pandemie, wie wir sie 2020 und jetzt auch 2021 erlebt haben, sind ja eigentlich gar nicht mehr so dramatisch, weil man ja im Angebot der Unterhaltungsmedien wunderbar abgedeckt ist. Also ich glaube, dass die, ja, vielleicht ist es einfach auch eine andere Art der Generationen, die anders ins Leben gekommen sind. Ich merke zum Beispiel bei uns zu Hause leben die Zwillinge meiner Lebensgefährtin mit 11 Jahren, die beherrschen Medientechnik ausgezeichnet, bei Büchern kommt dann das große Fragezeichen. Und dann hatte ich letzte, hatten wir ein Gespräch auch mit einem Experten zufällig und der sagte dann „naja, die lesen doch alle nicht in der Generation“. Ja, also die lesen doch alle nicht, weil man ja schon immer denkt lesen ist die Kulturtechnik und ich glaube, dass wir in der Gesellschaft ganz, ganz stark darauf achten müssen, dass die Lesefähigkeit erhalten bleibt. Und meine Liebe zum Theater kam eigentlich nur über das Lesen, also ich wollte dann auch wissen, wie es denn dieser Faust jetzt umgesetzt oder wie ist denn jetzt dieser Wallenstein umgesetzt? Das ist ja eigentlich, wenn man es so liest ist es ja eher harmlos und man kann sich in die Sprache verlieben, aber am Ende ist es dann diese Umsetzung, die dann doch was, noch mal eine andere Welt eröffnet.

Sven-David Müller: Das heißt, wir müssen die Menschen wieder verstärkt dazu bringen zu lesen und dann Brücken zu schlagen zum Schauspiel, zum Besuch eines Museums, zum Besuch einer Ausstellung, zum Besuch eines Gebäudes und da komme ich schon zur nächsten Frage. Welche Orte in Salzgitter, in Salzgitter – du bist Professor in Salzgitter – muss man gesehen haben? Der Braunschweiger sagte sofort „ach Salzgitter ist eine Arbeiterstadt, ich wusste gar nicht, dass es da einen Hochschulstandort gibt von Bedeutung“, aber das ist ja nun einmal so. Aber jetzt neben diesem Hochschulstandort – was muss man in Salzgitter gesehen haben, neben Schloss Salder? Das kennt jeder in der Region.

Harald Rau: Wie viel Zeit hast du? (Sven-David Müller: Wir haben sehr viel Zeit.) Okay. Dann würde ich tatsächlich im Süden anfangen. Ich finde ja die Struktur von Salzgitter sehr interessant. Das heißt, wenn du Salzgitter bereist musst du ein paar von diesen kleinen Orten gesehen haben. Also zum Beispiel Ohlendorf oder auch sowas gewachsenes wie Gitter. Einfach, dass man das erlebt hat. Du musst Schloss Ringelheim gesehen haben, dass leider am verfallen ist, aber Barockschloss mit einem Barockgarten hinten, also mit einem offenen Garten hinten dran der Englisch ist und wirklich ein … ich habe immer gedacht, warum bauen die die Hochschule nach Calbecht und nicht in dieses wunderbare Schloss Ringelheim? Bauen dieses um, investieren dort ihre 30 Millionen und dann hast du die Mittagspause, die Cafeteria mit dieser großen Treppe runter in den Garten von Schloss Ringelheim. Also Schloss Ringelheim ist tatsächlich ein Ort, wo ich sagen würde, exzellent. Auch die Kirche, die dazu gehört mit der wunderbaren Orgel drin, die machen ja wirklich tolle Konzerte dort auch, also von Süden dann kommend. Ringelheim ist deswegen auch spannend, weil wir dort alle Zugkreuzungen haben. Das würde es interessant machen für eine Hochschule auch, weil wir mit den öffentlichen Personenverkehrs- Nahverkehrsmitteln hinkommen. Und dann gehen wir ein Stück weiter nördlich, in Bad, Bad ist eine schöne bezaubernde Kleinstadt, die in ihrem Innenstadtkern und dem Marktplatz nach wie vor ein wirklich schöner Platz ist. Und dann würde ich empfehlen von Bad aus die Wanderschuhe zu schnüren und über den Salzgitter Höhenzug bis nach Lichtenberg zu wandern. Und dann hast du eigentlich diese ganze Übersicht über diesen Zwischenbereich, bevor du dann in Lichtenberg runter guckst, Bruchmachtersen nach Lebenstedt hinein. Und ich gehe gerne, wenn ich Besuch habe aus der Hauptstadt, kenne sehr viele Menschen aus Berlin, die mich dann durchaus auch in Salzgitter besuchen und dann immer ganz begeistert sind und mit der Chefredakteurin von EPD war ich Mountainbiken auf dem, in Salzgitter da oben am Reihersee und die war völlig begeistert, sagt „du fährst ja direkt aus der Haustür und bist direkt oben am Reihersee“. Solcher Überraschungseffekt hat man viel. Also man muss die Natur in Salzgitter gesehen haben und dann würde ich empfehlen, dass man natürlich nach Lebenstedt geht und an den Salzgittersee. Der ist die toll geworden! Ich könnte mir sogar vorstellen, dass man den noch erweitert und auch die Bebauung ringsherum, da hat sich viel, hat sich viel getan und dass man jetzt hier auch noch dieses Café hat und im Sommer unten am See diese Bars und so eine Lounge-Bar mit Palettenmöbeln sehr, sehr schön gemacht. Der Sohn unseres Hausmeisters interessanterweise, der die betreibt. Ganz witzig, wie sich dann auch Verbindungen ergeben. Insofern bleibt Salzgitter dann doch ein Dorf. Was ich an Lebenstedt sehr schätze und wenn du mich dann besuchst in Salzgitter, dann gehen wir in die Berliner Straße und gehen schön Essen.

Sven-David Müller: Das geht wirklich sehr gut.

Harald Rau: Es gibt einen fantastischen Türken in der Berliner Straße und nicht nur einen, sondern auch mehrere.

Sven-David Müller: Ich ziehe übrigens wirklich nach Lebenstedt demnächst.

Harald Rau: Ja, herzlich willkommen.

Sven-David Müller: Ich dachte in die Hauptstadt von Salzgitter muss man doch ziehen.

Harald Rau: Ja und was ich durchaus, ich bin ja auch schon manchmal so bisschen schräg drauf. Also in der Dämmerung, in der sommerlichen Dämmerung durch Lebenstedt Innenstadt zu laufen, das machen wir dann wenn wir gegessen haben in der Berliner Straße. Also es gibt da so Einblicke, die sind absolut, ja, das ist 70er, es ist schräg, aber es hat was Besonderes und wenn man dann in Lebenstedt noch runter zum alten Dorf läuft, zur Kulturscheune, also herzlich … also ich finde Lebenstedt hat durchaus auch Lebensqualität. Auch wenn Kulturmäßig da …

Sven-David Müller: Müsste man mehr machen.

Harald Rau: …  nicht so wirklich viel läuft.

Sven-David Müller: Das machen wir dann zusammen.

Harald Rau: Sehr gerne.

Sven-David Müller: Wo wären solche Orte in Wolfenbüttel und Wolfsburg, wo du sagst, da muss man wirklich mal hingucken und man übersieht es vielleicht sonst?

Harald Rau: In Wolfenbüttel, ja, in Wolfenbüttel fällt mir eines sofort ein. Es gibt, ich hoffe sie ist noch, Herr Busche muss mir verzeihen, ich hoffe er hat sie noch stehen lassen. Es gibt im Keller der Bibliothek gibt es eine Ausstellung zu Zapf. Zapf ist ein, ist der Entwickler von Schriften, ein ganz berühmter Entwickler von Schriften und diese Ausstellung ist so bezaubernd und so toll und da geht keiner hin, also die kennt auch kaum einer, aber ich würde wirklich empfehlen, das ist ein Kleinod und wenn sie noch da ist dann bitte, dann bitte dorthin gehen, auch in die Bibliothek. Ich finde das Lessinghaus kann man sich sparen, aber das ist Geschmackssache.

Sven-David Müller: Es klingt toll.

Harald Rau: Und vielleicht könnte man auch irgendwie … Ich find ja das, was die, was die Akademie für kulturelle Bildung dort macht und was Isabelle Reinwand da auf die Beine stellt jedes Jahr mit ihrem Programm finde ich sehr bemerkenswert, aber das ist natürlich jetzt nichts, kein Ort wo man jetzt direkt hingehen kann, außer ins Gästehaus, wo die externen Gäste in der Mühle untergebracht werden. Das wäre in Wolfenbüttel etwas.

Sven-David Müller: Und in Wolfsburg?

Harald Rau: in Wolfsburg, ich bin ganz ehrlich, in Wolfsburg gehe ich in die Autostadt.

Sven-David Müller: Ja. Das ist auch ein Kulturort, oder?

Harald Rau: Es ist ein Kulturort, ja.

Sven-David Müller: Auch wenn da keine Oper stattfindet, wenn kein Ballett stattfindet, sondern es ist tatsächlich ein kultureller Ort. Ich glaube wir müssen den Begriff Kultur auch sehr viel weiter fassen, um davon wegzukommen, dass es nicht im Mittelpunkt der Gesellschaft ist.

Harald Rau: Also natürlich denken wir, wenn wir an die Autostadt denken im Kulturbereich, an Movimentos und ich bin aus der letzten Show bei dem Movimentos Ballett bin ich anschließend raus gegangen und habe gesagt: Jetzt habe ich alles gesehen, jetzt muss ich nichts mehr sehen, im Bewegungstheater, also sind Ballett Bereich. Völlig faszinierend was …

Sven-David Müller: Wäre das Staatstheater gut beraten in der Autostadt ein Festival der Oper zu bringen? Oper ist ja wirklich etwas …

Harald Rau: Mach doch! Probiert’s doch aus.

Sven-David Müller: Das müsste so sein, oder?

Harald Rau: Also ich denke alle Plätze die … Ich kann mich gut erinnern, ich komme ja aus Süddeutschland, man hört es im Idiom immer so ein bisschen an, ich kann mich unglaublich gut erinnern, es gab mal so eine Kampagne des Nationaltheaters in Mannheim. Auch ein sehr, sehr schönes Haus. Also das Haus meiner Kindheit im Grunde und meiner Jugend und die haben wirklich dann gesucht danach wo gibt es Plätze in dieser Stadt, in dieser Region, wo wir spontan mit Dingen auftreten können. Wo wir auffallen können, wo wir mit der Gesellschaft uns verschränken und sie haben dann ganz aktiv da auch die Nähe gesucht und deswegen. Ich denke, also überall, wo was möglich ist, wo man vielleicht auch Begegnung schaffen kann, sehr gerne.

Sven-David Müller: Die Corona Pandemie ist ja schon mehrmals angeklungen. Wie können kulturelle Institutionen jetzt noch auf sich aufmerksam machen? Wir haben ja schon grundsätzlich das Problem, dass sie nicht so sehr im Mittelpunkt der Gesellschaft stehen wie sie stehen sollten, aber jetzt ist es ja doch sehr viel eindimensionaler. Das Theater, die Ausstellungsfläche, das Orchester, das Museum, das Baudenkmal möchte etwas, aber es kann es noch weniger kommunizieren als bisher. Was sind deine Empfehlungen, wie könnte man das anders machen oder ist es tatsächlich ein Pandemie-bedingtes Leiden, dass die Kultur noch weniger im Mittelpunkt der Gesellschaft ist?

Harald Rau: Wie oft hast du Theaterkanal geguckt?

Sven-David Müller: Regelmäßig.

Harald Rau: Gut. Wie oft 3sat und solche Dinge?

Sven-David Müller: Täglich.

Harald Rau: Siehst du. Und damit zeigst du schon mit welcher Ausnahme oder welche Ausnahmen wir hier repräsentieren dürfen. Also für mich ist es auch nichts Besonderes. Also wenn mich da, wenn ich da was Faszinierendes finde, bin ich da auch sofort dabei, aber es ist eben ein ganz, ganz geringer Ausschnitt dieser Gesellschaft und die Einschaltquoten sind ja gemessen und ich glaube nicht, dass ein „ich hebe das Theater in ein Bewegtbild Format“, so wie wir das jetzt hier produzieren, ich glaube nicht, dass es funktionieren würde. Ich glaube nicht, dass wir so viel Resonanz dort finden, dass es trägt, dass wir … Ja, das ist so traurig so traurig es ist, aber ich glaube nicht, dass es funktioniert.

Sven-David Müller: Würde es bei Facebook klappen oder ist das unabhängig vom Absender sozusagen und von der Plattform?

Harald Rau: Na gut, vielleicht mit einer sozial medialen Verschränkung könnte ich mir sogar noch vorstellen, dass man vielleicht noch mehr Aufmerksamkeit generieren kann.

Sven-David Müller: Das heißt, man müsste für solche digitalen Konzepte nicht einfach nur etwas anbieten, sondern ganz neue Konzepte konzipieren, etwas Neues schaffen?

Harald Rau: Gute Frage. Weiß ich nicht. Also du merkst ja, dass wir von der Forschung her auch keine wirklichen Antworten haben und sagen können Rezept 1 – du machst jetzt das, du nimmst jetzt das und du nimmst das, mischst das zusammen und es funktioniert und du wirst viele Zuschauer haben. Mein Paradebeispiel ist das Neujahrskonzert der Wiener Symphoniker. Das hat 50 Jahre gebraucht um heute eine Einschaltquote weltweit mit 80 Ländern oder was, keine Ahnung, zu haben und mit einem großen Millionenpublikum. Ich glaube, dass ähnlich wie im Bildungsbereich, das was online funktioniert ist dann wirklich nur die Spitze, ist nur diese Spitze des Kulturbetriebs, aber nicht die Breite, also nicht die Basis. Das ist genauso, mein Job kann ja überflüssig werden – er wird natürlich nicht überflüssig, weil es die persönliche Betreuung braucht, aber mein Job wird im Grunde online überflüssig, weil alle meine Studierenden und alle meine Studentinnen und Studenten könnten ja zum Harvard-Professor gehen und dort ihre Vorlesung hören online und alles ist gut und genau so ist es ja auch im Kulturbetrieb, auch da ist es eben einfach möglich. Ich glaube, dass wir ganz viele kreative Auseinandersetzungen brauchen und dass wir als Gesellschaft einen Diskurs auch wieder darüber brauchen, so wie Ende der 1960er Jahre, wo wir das schon mal hatten, wo wirklich ganz klar herausgearbeitet worden ist, dass die Gesellschaft eine kulturelle Identität braucht. Und wir haben die letzten 40 Jahre gut dazu nutzen können diese kulturelle Identität zu erlangen und Kultur in einer Breite aufzubauen und zu unterstützen, die einzigartig ist und ich glaube das Risiko, das zu verlieren, gerade jetzt auch mit einem starken Populismus von der rechten Seite, das Risiko, das zu verlieren ist … Die Nazis waren auch schon Bilderstürmer und …

Sven-David Müller: Bücherverbrenner.

Harald Rau: Ja. Komponisten, Zerstörer. Wir kommen noch mal zurück auf Salzgitter. Für mich ist Salzgitter ein klassischer Industriestandort, ist es geblieben, Gott sei Dank. Ist ja auch wichtig für die Arbeitsplätze und es ist halt, das hatten wir schon, weniger bekannt als Hochschulstandort. Welche konkrete Auswirkung hat eine so große Hochschule, mit einem doch großen Bereich in Salzgitter, auf die Stadt? Lässt sich das messen, lässt sich das darstellen, gibt es studentisches Leben in Salzgitter?

Harald Rau: Ich muss noch einen kurzen Nachtrag bringen. Also Entschuldigung Rolf und Reza, ich habe nämlich Thiede und Steterburg vergessen, also Stift-Steterburg sollten wir auf jeden Fall noch mit in die Liste, in die Liste aufnehmen. Also das vielleicht noch zu den Dingen, die man gesehen, die man gesehen haben muss. Außerdem hat Thiede das schönste Neubaugebiet glaube ich auch von Salzgitter. Die Verbindung dieser Hochschule zur Stadt ist glaube ich eine bislang durchaus problematische. Ich habe den Oberbürgermeister der Stadt bislang noch nicht auf den Absolventenfeiern gesehen und ich bin jetzt auch schon zehn Jahre da. Frage ich mich: geht sowas, wenn man eigentlich eine Kombination oder eine gute Kombination von Hochschule und Stadt haben möchte. Salzgitter ist ein Hochschulstandort und wir sind bekannt inzwischen. Also die Institutionen in Salzgitter kennen uns und schätzen uns auch und schätzen auch die Verbindung. Ich glaube aber, dass an vielen Stellen in Salzgitter noch nicht ganz angekommen ist, wie so eine Hochschule funktioniert und was sie … Es gibt Projekte auch zum Beispiel gerade, wir haben ja Stadt und Regionalmanagement als Studiengang und dort gibt es seit vielen, vielen Jahren ganz viele Projekte auch direkt in der Stadt und für die Stadt und Salzgitter ist durchaus auch als Forschungs-, als Forschungsobjekt nicht uninteressant. Ein guter Freund von mir der an der Humboldt-Universität in Berlin lehrt hat auch ein großes Projekt gemacht, ich glaube sogar mit DFG-Unterstützung, wo sie eben auch ganz bewusst Salzgitter gewählt haben aufgrund der Bevölkerungsstruktur, weil man da eben bestimmte Dinge sehr gut prüfen, untersuchen, in dem Falle mit qualitativer Forschung unterlegen kann. Ist auch ein ganz spannendes Projekt gewesen. Also ja, es gibt Verbindungen, aber ich glaube da ginge sicherlich noch mehr, einfach in der gegenseitigen Wahrnehmung. Man muss ja dazu sagen, diese Hochschule ist an einem Standort der mitten im Wald liegt, das ist die alte Gruben Anlage, hannoversche Treue. Man könnte auch sagen Grube Hermann Göring – wahrscheinlich hat der alte Hermann sie noch eingeweiht und die Akazien vorne in der Einfahrt sind für ihn noch gepflanzt worden. 38 eröffnet worden. Der gleiche Architekt übrigens wie Tempelhof, das gleiche Büro wie Tempelhof. Also auch durchaus architektonisch interessant. Es gibt dort eine Verzapfung. Also wer sich für Innenarchitektur interessiert, herzlich willkommen, kriegt auch eine persönliche Führung von mir, gerne vorher Bescheid sagen. Also es gibt da so eine Verzapfungsarchitektur, die gibt’s nur in Salzgitter, aus Hölzern, die in den Raum ragen und dann ist dort noch mal eine Konstruktion so als Hut oben draufgesetzt, sehr schick gemacht. In dieser Lohnhalle, also der Lohnhalle der Grube gabs früher auch Konzerte, gibt es heute auch nicht mehr, gab einen Kulturverein, die die organisiert haben. Könnte ich mir auch vorstellen, ob man sowas vielleicht auch mal wiederbeleben kann, dass man einfach auch noch mehr Leben in so eine Hochschule bringt.

Sven-David Müller: Du bist ja auch Präsident Vorsitzender des Marketing Clubs Braunschweig. Wie kann man in diesem Bereich kulturelle Angebote fördern? Welche Schnittpunkte gibt es sozusagen zwischen dem Marketing Club der ja nun viele Unternehmen, viele Bereiche präsentiert, repräsentiert und den kulturellen Angeboten in der Region Braunschweig, in der Stadt Braunschweig, natürlich auch in Salzgitter.

Harald Rau: Für mich ist Marketing, ich bin ja auch kein typischer BWL Marketer. Für mich ist Marketing eine sehr breite Disziplin und ich find das toll, was für einen riesen Bogen wir hier in dieser Sendung schlagen dürfen, weil Kulturmarketing ist ja genau das mit dem wir angefangen haben im Grunde unser Gespräch zu beginnen.

Sven-David Müller: Das war auch meine vorletzte Frage.

Harald Rau: Hach, guck an, siehste, dann schlagen wir einen wunderbaren …

Sven-David Müller: Der Bogen muss immer da sein.

Harald Rau: Also vielen Dank dafür, vielen Dank für die Führung. Also schön, dass wir diesen großen Bogen schlagen durften. Ich glaube, dass der Kulturbereich und der Marketing-Club sehr, sehr gut harmonieren können miteinander. Wir haben auch ganz viele Kultureinrichtung auch schon besucht, uns auch angeguckt was die so machen und wie die Kulturpoli-, wie die Kommunikationspolitik dort aussieht, wie strategische Kommunikation dort aussieht. Und wir sind im Unterschied zu anderen Marketingclubs sehr, sehr stark Agentur getrieben. Das heißt, wir haben sehr, sehr viele kreative auch bei uns, die sich da natürlich auch für den Kulturbetrieb durchaus engagieren und großes Interesse zeigen.

Sven-David Müller: Und jetzt meine letzte Frage, war ja schon angekündigt. Ich beginne einen Satz und du beendest ihn dann. Salzgitter ist eine lebenswerte Stadt, weil …

Harald Rau: … Ich dort wohne. Salzgitter ist eine lebenswerte Stadt, weil sie so abwechslungsreich ist.

Sven-David Müller: Und gleich hinter an: Braunschweig ist eine lebenswerte Stadt, weil … Jetzt sag nicht, weil du dort nicht wohnst.

Harald Rau: … Weil Salzgitter so nah ist.

Sven-David Müller: Sehr schön. In Salzgitter fehlt mir besonders …

Harald Rau: … Dynamik und Gestaltung.

Sven-David Müller: Jetzt fasse ich es etwas weiter: Die Menschen des Braunschweiger Landes, was auch immer das sein mag, wir haben die Region Braunschweig …

Harald Rau: Ist historisch ja durchaus definiert.

Sven-David Müller: Nur das Herzogtum. Genau, das würde tatsächlich dann dazu passen. Die Menschen des Braunschweiger Landes sind Kunst- und Kulturbegeistert und das zeigt sich an …

Harald Rau: Sind sie das?

Sven-David Müller: Vielleicht lassen wir das einfach mal so stehen. Wenn eine gute Fee käme und mir jährlich eine Million schenken würde, jährlich, würde ich im kulturellen Bereich folgendes finanzieren …

Harald Rau: … Kulturelle Bildung.

Sven-David Müller: Kulturelle Bildung.

Harald Rau: Kulturelle Bildung, und zwar nicht im Kinderbereich, sondern im postpubertären Bereich.

Sven-David Müller: Sehr gut. Das absolute Kunst- und Kultur-Highlight im Braunschweiger Land, ob‘s Wolfsburg, Wolfenbüttel, Salzgitter oder Braunschweig ist, vielleicht sogar Goslar. Das absolute Kunst- und Kultur-Highlight im Braunschweiger Land ist oder sind …

Harald Rau: … Die Ausstellung im Wolfsburger Kunstmuseum.

Sven-David Müller: Ich würde Gästen, die mich in Braunschweig oder in Salzgitter besuchen, besonders empfehlen … zu entdecken.

Harald Rau: Herzog-Anton-Ulrich-Museum. Beispiel hatten wir, Hardy Gundlach musste dorthin, der hatte gar keine Wahl.

Sven-David Müller: Was gibt es noch Außergewöhnliches, vielleicht auch im Bereich Architektur, Baudenkmäler, im Braunschweiger Land zu entdecken?

Harald Rau: Das Rathaus in Lebenstedt.

Sven-David Müller: Warum?

Harald Rau: Weil es in seiner Architektur für eine Zeit steht, die wir manchmal gerne weg ignorieren würden, weil in dieser Zeit endlich mit den Nazis aufgeräumt worden ist in diesem Land und weil wir in dieser Zeit einen ganz geradlinigen Diskurs geführt haben und ich mir den manchmal heute auch noch wünschen würde, durchaus mit der Emotionalität und für diese Geradlinigkeit steht das Lebenstedter Rathaus wie eine Ikone für mich.

Sven-David Müller: Für dieses Abschlusswort danke ich dir, Harald, ganz herzlich, weil das schließt wirklich unser Gespräch rund ab und zeigt ganz deutlich deine Geisteshaltung. Ich danke dir noch mal für das Gespräch. Das war der Kultur Talk. Wir sehen uns in einer der nächsten Sendungen wieder, darauf freue ich mich. Tschüss und auf Wiedersehen.

Björn Beringer übernimmt strategische Kommunikation der Ostfalia-Fakultät Verkehr – Sport – Tourismus – Medien

Mit besten Empfehlungen: Björn Beringer aus dem KomMa-Team ist der neue Referent für Öffentlichkeitsarbeit an der Ostfalia in Salzgitter.

Zuvor begleitete er über 15 Monate hinweg das Projekt ‘Location-Based Services in der regionalen Medienkommunikation’, das vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wird. In Zusammenarbeit mit Per Ole Uphaus präsentierte er erste Forschungsergebnisse auf einer Konferenz in Wien, führte Fokusgruppengespräche mit relevanten Stakeholdern und Interviews für eine groß angelegte, international ausgerichtete Delphi-Studie. Das dadurch entstandene internationale Netzwerk bereicherte auch seine Studie, die er im Rahmen seiner exzellenten Masterarbeit durchführte.

Sein Engagement ist auch an der Fakultät Verkehr – Sport – Tourismus – Medien aufgefallen: Björn Beringer ist seit Dezember 2020 der erste Referent für Öffentlichkeitsarbeit an der Fakultät am Campus Salzgitter, die Position wurde neu geschaffen, um die Attraktivität der Studiengänge in Salzgitter noch besser zu kommunizieren. Zu seinen Aufgaben gehört nun die operative PR-Arbeit, das Online-Marketing, sowie eine die verschiedenen Bereiche integrierende Strategieentwicklung für die Fakultät.

“Meine Zeit im KomMa-Team sehe ich als Inkubator für meine Entwicklung an.“, sagt Beringer, er habe dort gelernt, eigenverantwortlich auf hohem Niveau zu forschen und seine Fähigkeiten stets zu erweitern: „Ich danke dem KomMa-Team für die schöne Zeit und all die entstandenen Möglichkeiten.”


Über Kommunikation. Farewell für Helge Löbler.

Prof. Dr. Helge Löbler, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing an der Universität Leipzig wird in diesem Herbst emeritiert. Seit vielen Jahren ist Löbler eng mit dem KomMa-Team verbunden, gab in der Vergangenheit Impulse für den Masterstudiengang Kommunikationsmanagement und diskutiert leidenschaftlich und regelmäßig Fragen der erweiterten Kommunikationswissenschaften mit dem Professurinhaber. Es ist deshalb Ehrensache, dass Harald Rau auch einen Beitrag für die von Löblers Doktoranden vorbereitete Festschrift zum Abschied beisteuert. Sie trägt den Titel: “Über Kommunikation. Oder: Was ein möglicher Verlust von Praktiken bedeutet.”, und sie beleuchtet ungewöhnliche theoretische Aspekte einer modern gedachten Kommunikationswissenschaft, die Basis auch aller Marketingbemühungen sind. Den Beitrag gibt es hier als exklusives Angebot als PDF zum direkten Download. Er ist mit CC-Lizenz versehen und kann unter Nennung der Quelle und des Autors weiter verbreitet werden.

Das Buch ist hier bestellbar: https://www.bod.de/buchshop/marketing-as-a-social-science-9783751933995

Foto: Sebastian Stieler