Fake News und welche Rolle das Gedächtnis dabei spielt: Der Sleeper-Effekt

Zusammengefasst: Der Sleeper-Effekt sagt aus, dass Rezipient:innen mit zeitlichem Abstand häufig die Quelle der Information vergessen, sodass darüber eine (unglaubwürdige) Nachricht im weiteren Zeitverlauf an Glaubwürdigkeit gewinnen kann.

Die Folge: Wir erinnern uns vor allem an wirkungsvolle Inhalte (z.B. Nachrichtenfaktoren), vergessen aber, dass wir die Quelle anfangs als nicht vertrauenswürdig eingestuft haben. Das ist besonders im Kontext von Falschnachrichten potenziell riskant. Denn was bleibt, ist eine falsche Information, die auf unsere Überzeugungen weiterwirken kann (vgl. Grady et al., 2021). Das Gedächtnis funktioniert also nicht wie ein Whiteboard, auf dem festgehaltene Informationen beliebig gelöscht werden können. Im Gehirn können Rückrufe von Fehlinformationen nicht einfach ausgelöscht werden. Tatsächlich bleiben anfänglich falsche Informationen verfügbar und können trotz der Codierung weiterer, richtiger Informationen weiterhin eine Wirkung haben (vgl. Ruggieri et al., 2023). In der Konsequenz heißt das, dass sich glaubwürdige und unglaubwürdige Quellen im Zeitverlauf angleichen und die zunächst wahrnehmbare Diskrepanz der Qualität ihrer jeweils vermittelten Information abnimmt bzw. gänzlich verschwindet. Dies ist äußerst problematisch, wenn sich Clickbaits, Verschwörungserzählungen und Hassnachrichten so rasant und in großer Zahl verbreiten können wie in den sozialen Medien (und auf Basis algorithmusgesteuerter Inhalte).

Allen, die tiefer ins Thema einsteigen wollen, sei folgende Studie empfohlen: Ruggieri, S., Bonfanti, R. C., Santoro, G., Passanisi, A. & Pace, U. (2023). Fake news and the sleeper effect in social media posts: the case of perception of safety in the workplace. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking, 26(7), 554–562. https://doi.org/10.1089/cyber.2022.0199

In dieser Untersuchung zeigt sich, dass die Teilnehmenden nach einem Erinnerungsprozess empfänglicher für Fake News waren. Außerdem erinnerten sie sich mit einem zeitlichen Abstand von einer Woche leicht an die Nachricht, nicht aber an die Quelle, über die sie diese Nachricht erhielten.

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