Es ist die wichtigste deutschsprachige Tagung im Feld der Medienökonomie und das KomMa-Team war mit gleich zwei Beiträgen vertreten. Für die LBS-Forscher gab es diesmal allerdings einen besonderen Grund zum Feiern: Ihr Beitrag “Location-Based Services (LBS) als medienökonomische Erfolgsfaktoren für partizipative Nutzererfahrungen (in regionalen Nachrichtenmedien)” wurde von einer hochkarätig besetzten Jury als bestes der Tagung ausgewählt. Jury-Sprecherin Prof. Dr. Barbara-Brandstetter aus Neu-Ulm: “Ein starker Bezug zum Tagungsthema wird hier von einer sorgfältigen methodischen Aufbereitung begleitet.”
Die Tagung trug den Titel „Internet-Intermediäre und virtuelle Plattformen medienökomisch betrachtet“ und wurde virtuell von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW) ausgerichtet. In insgesamt 21 Beiträgen zu den Schwerpunkten Video-on-Demand-Dienste, Konsequenzen für die Medienorganisation, Digitale Transformation der Medienökonomie und Medienmarketing in der Plattformökonomie wurden aktuelle Forschungsergebnisse präsentiert und diskutiert. Den LBS-Beitrag präsentierten Naomi Nowak und Harald Rau, Per Ole Uphaus und Björn Beringer sind ebenfalls Autoren. Eine mit internationalen Expert:innen aus Wirtschaft und Wissenschaft durchgeführte Delphi-Studie bildet die Grundlage des erfolgreichen Beitrages. In diesem untersuchen die KomMa-Forscher Herausforderungen der LBS-Implementierung auf Anbieterseite sowie vielversprechende Lösungsansätze für ein gesteigertes Nutzererlebnis. Zusätzlich werden LBS-Technologien mit einem hohen Zukunftspotenzial näher beleuchtet. Ein besonderer Schwerpunkt der Studie liegt zudem darin, Partizipationsmöglichkeiten für Nutzer:innen aufzuzeigen.
Standort und Internet-Intermediäre?
Die zentrale Frage: Wie passen Location-Based Services zum Tagungsthema „Internet-Intermediäre und virtuelle Plattformen“? Die Antwort kann eine Definition von Informationsintermediären liefern:
“Informationsintermediäre wie soziale Netzwerkplattformen oder Suchmaschinen erbringen vor- und/oder nachgelagerte Vermittlungsfunktionen, indem sie Informationen sammeln, strukturieren, gewichten und aggregieren. In vielen Fällen entscheiden sie, was überhaupt auffindbar, sichtbar und damit wahrnehmbar wird, und wirken so als bewertende, gewichtende und vorseleketierende Filter auf die Vielfalt der genutzten Inhalte.”
Stark et al. 2017
Auch der Standort kann zur Filterkomponente für Medieninhalte werden. Nach aktuellem Forschungsstand fehlt es in deutschen Verlagen allerdings bislang an Strategien zur Personalisierung digitaler Angebote und technologischen Wegen „Journalismus als gesellschaftliches Konzept in Empfehlungs- und Sortieralgorithmen für Nachrichten – respektive auf einer Plattform – abzubilden“ (Rech & Meyer 2021). Location-Based Services können hier einen entscheidenden Beitrag leisten.
Forschungsergebnisse und Best Paper Award
Die Befunde der Studie zeigen, dass die größten Herausforderungen der LBS-Implementierung bei traditionellen Medienunternehmen auf intraorganisationaler Ebene bestehen und diese noch immer in einem ‚Print-First-Mindset‘ festzustecken scheinen. Als vielversprechende Lösungsansätze für Akzeptanzprobleme auf Nutzer:innenseite konnten Expert:innen Ratings identifiziert werden. Darüber hinaus gilt Augmented-Reality als die LBS-Technologie mit den vielfältigsten Anwendungspotenzialen in der Zukunft. Zudem lassen sich zusammenfassend sechs zentrale Thesen für das Medienmanagement ableiten, die direkt oder indirekt auf die zentralen Forschungsfragen der Delphi-Studie abzielen:
- These 1: Im Zeitalter digitaler Informationen ist der Austausch mit anderen Organisationen für den Journalismus zentral, um von eventuellen ‚Best-Practices‘ zu lernen und zugleich die Innovationsbereitschaft in der Medienbranche zu erhöhen.
- These 2: Nutzerfreundliche LBS-Anwendungen mit eindeutigem Mehrwert können Akzeptanzproblemen entgegenwirken.
- These 3: Standortbezogene, partizipative Nachrichtenangebote müssen problemlos zugänglich sein und mit Hilfe leicht verständlicher Teaser in den App-Stores, Zweck und Nutzen der Standortverwendung transparent offenlegen. Dies mindert Datenschutzbedenken und schafft Vertrauen bei (älteren) Nutzer:innen. Feedback sollte im Rahmen von Nutzerbewertungen möglich sein.
- These 4: LBS mit integrierten Gamification-Ansätzen und/oder Augmented-Reality-Technologie können starke Partizipationsanreize für junge Erwachsene schaffen.
- These 5: Virtuelle, kollaborative Plattformen von lokalen und regionalen Nachrichtenmedien können für Nutzer:innen aufgrund ihrer zentralen Datenbasis ein unkompliziertes, übersichtliches Rezeptionsangebot darstellen und diesen zugleich die Möglichkeit bieten, mit anderen Nutzer:innen zu interagieren und selbst eigene standortbezogene Medieninhalte zu produzieren.
- These 6: Die Entwicklung und Optimierung partizipativer LBS-Anwendungen im Journalismus sollte stets unter Einbezug der relevanten Stakeholder erfolgen.
Die erfolgreiche “Reise” geht weiter. Die Delphi-Studie wurde mit neuem und verändertem Fokus auch für die internationale Tagung der European Media Management Ass. ausgewertet und das entsprechende Paper in Schweden angenommen: Schauplatz des internationalen Treffens für Forscher aus Medienmanagement und Medienönomie diesmal nämlich Jönköping. Dort gibt es dann auch ein Wiedersehen mit Annika Ehlers, die über mehrere Jahre hinweg das KomMa-LBS-Projekt betreut hat und auf Basis ihrer Forschungsleistungen an der Ostfalia als PhD-Kandidatin an die renommierte Business-School in Schweden wechseln konnte.
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