Projektwebsite:
www.verflechtungsstrukturen.de

Projektleitung:
Prof. Dr. Harald Rau

Forschungsfeld:
Die Verflechtungsstrukturen deutscher TV-Sender und der Produktionsgesellschaften sind hochgradig intransparent gestaltet, komplex und schwer zu durchdringen. Informationen über die Struktur und die Verknüpfungen sind nur spärlich vorhanden und somit ist es dem Fernsehzuschauer nahezu unmöglich “Licht ins Dunkle” zu bringen.

Diskussion mit Prof. Dr. Harald Rau: Vetternwirtschaft bei ARD und ZDF?

Um die gegenwärtige Situation möglichst detailgetreu nachzubilden, sollte die Untersuchung auf zwei wesentlichen Säulen beruhen:

  1. auf einer explorativen Analyse und einer einfachen Deskription der Verflechtungsstrukturen im deutschen Fernsehen
  2. auf einer tiefergehenden und qualitativ durchzuführenden Untersuchung mit Rückgriff auf Entscheider in verflochtenen Produktionsunternehmen

Für die geplante Befragung wurden 62 Produktionsunternehmen, die im Rahmen der ersten Untersuchungswelle (die fünf größten TV-Sender in Deutschland) identifiziert worden waren, telefonisch kontaktiert und nach der ersten Vorstellung des Anrufers um Mithilfe gebeten. Von den 62 im November 2014 angerufenen Unternehmen, lehnten 34 die Anfrage direkt am Telefon ab. An die restlichen 29 wurde eine elektronische Mail versendet. Doch die Anfrage fiel auf unfruchtbaren Boden, denn kein einziges Unternehmen erklärte sich dazu bereit, einen Experten für ein Interview zur Verfügung zu stellen.

Die Studie versucht, allen Hindernissen zum Trotz, für die – gemessen an den Wirtschaftsdaten – fünf größten deutschen TV-Sender (WDR, ZDF, RTL, NDR, SWR) eine erste Verflechtungsmatrix aufzuzeigen. Sie versteht sich am Ende als Aufforderung zur Erhöhung der Transparenz, die sich insbesondere an die öffentlich-rechtlichen Leistungsträger richtet.

Um einen schlüssigen Verflechtungsatlas zu erstellen, muss eine Methodik gefunden werden, die es zulässt, Informationen aus vielen unterschiedlichen

Quellen so zu verdichten, dass sich die Darstellung auf die Beteiligungsverhältnisse reduzieren lässt. Eine Schwierigkeit liegt auch darin, dass sich Beteiligungsverhältnisse verändern und Informationen darüber in unterschiedlichen Quellen niedergelegt werden. Deshalb muss eine flexible – und vor allen Dingen redaktionelle Methode gewählt werden. Vor diesem Hintergrund kommt beinahe ausschließlich eine klassische Analyse in Frage, die auf ausgewählte Kategorien und Untersuchungsgegenstände ausgerichtet ist; eine systematische Exploration des Feldes. Das jeweilige Medium wird demnach prinzipiell wie eine wissenschaftliche Quelle behandelt, die Informationen über tatsächliche Beteiligungsverhältnisse in Medienunternehmen preisgibt. Dennoch wird die in diesem Sinne ausgelegte Exploration methodisch systematisiert. Im weiteren Verlauf wird zum Beispiel ein Kategoriensystem etabliert, dies ist ein Schritt, der hier sehr bewusst analog zu einer klassischen Inhaltsanalyse gestaltet wird. Dieser Schritt erlaubt es, spezifische Informationen aus den vorliegenden Texten strukturiert herauszufiltern. 

Es hat sich bei der Exploration gezeigt, dass es aufwändiger Recherchen bedarf, um das Geflecht an mittelbaren, unmittelbaren, an direkten und indirekten Beteiligungen zu durchdringen. Dies gilt für den privatwirtschaftlichen Bereich erwartungsgemäß stärker als für das öffentlich-rechtliche System. Dennoch ist auch dort ein klares Transparenzdefizit zu attestieren, insbesondere dann, wenn man den Informationsanspruch eines „Nichtexperten“ zugrunde legt, der beispielsweise um die besondere Rolle der KEK (Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich) nicht weiß. Ein nächster Schritt muss aus unserer Sicht nun darin liegen, die tatsächlichen Folgen der Verflechtungen in der täglichen Arbeitspraxis nachzuweisen oder zu beschreiben. Eine Leistung, die zumindest im öffentlich-rechtlichen System längst erbracht sein müsste.