Das Projekt

„Mythos oder Wahrheit in der Sieben“ unterstützt junge Menschen dabei, Verschwörungserzählungen und Desinformationen zu entlarven und dagegen selbstbewusst Stellung zu beziehen – für ein inklusives und solidarisches Miteinander, für den eigenen Wertekompass im Netz und die Stärkung von Medienkompetenz, aber auch der der eigenen Persönlichkeit und Selbstwirksamkeit. Dabei adressiert das Projekt gezielt den ländlichen und kleinstädtischen Raum, um eine maximal diverse Zielgruppe zu erreichen. Projekt-Kooperationspartnerin ist die Dr.-Klaus-Schmidt-Hauptschule in Salzgitter-Bad.

Die dort ansässige Schülerschaft weist einen hohen Anteil an Migrantinnen und Migranten sowie Kinder und Jugendliche politikferner Schichten auf. Die Gemeinsamkeit von projektdurchführender Hochschule und kooperierender Hauptschule liegt auf der Hand:

als Bildungseinrichtungen in Salzgitter ist ihnen die Stärkung der Stadt und die der in der Region lebenden Menschen zentrales Anliegen. Die Lebensrealität dieser jungen Menschen spielt sich auf Social-Media-Plattformen ab, allen voran TikTok. Tagtäglich sind immer neue Internettrends, sexualisierte Inhalte, Gewaltdarstellungen, falsche Informationen, Deepfakes uvm. ständige Bestandteile der realen Lebenswelt Minderjähriger. Eine solche Realität kann mit negativen Gefühle, Sorgen und Ängsten verbunden sein. Sie ist schwer handhabbar, ein Entkommen scheint unmöglich – die Anfälligkeit für gefühlte Wahrheiten also eine logische Konsequenz? Verschwörungsmythen verbreiten sich einfach und schnell, oftmals bleiben sie im Austausch unter Peers unwidersprochen. Lehrkräften und Eltern fehlt häufig der direkte Einblick in die digitalen Kommunikationsdynamiken ihrer Schülerinnen und Schüler und Kinder.

Die Durchführung

Neun Unterrichtseinheiten im Sommerschulhalbjahr 2023 setzen im analogen Raum an der digitalen Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler an. Gemeinsam mit den Siebten Klassen der Dr.-Klaus-Schmidt-Hauptschule entwickelt das Projektteam in einem partizipativen Prozess Lernmodule, die Handlungskompetenzen fördern und junge Menschen zum selbstbewussten, selbstkritischen und eigenverantwortlichen Handeln anregen. So werden zum Beispiel narrative Muster von Fantasieerzählungen aus der eigenen Kindheit mit systematischen Erzählstrukturen von Verschwörungsmythen verglichen. Innerhalb von Rollenspielen und Gedankenexperimenten kann Perspektivübernahme und Selbstreflexion geübt werden. Die Schülerinnen und Schüler lernen weiterhin Recherchetechniken von Faktenchecks kennen und wenden sie an. Als Ergebnis der Zusammenarbeit entsteht ein digitales Lehr-, Lernwerkzeug, das Schulen mit ähnlichen Herausforderungen frei zur Verfügung steht.

Die gesamte Projektdurchführung wird von quantitativen und qualitativen Forschungsansätzen begleitet. Quantitativ wird im ersten Projektjahr 2023 die Entwicklung von Demokratiekompetenz erhoben. Unterrichtsmaterialien, Schüler:innen-Portfolios und konkrete Übungen innerhalb der Projekttage werden qualitativ untersucht. Flankiert wird die Begleitforschung durch problemzentrierte Interviews, die mit einzelnen Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften geführt werden.

Einblick in das Projekt

Eine Verschwörungstheorie will erklären, wie die Welt wirklich ist. Darin drückt sich meist Skepsis gegenüber dem politisch-sozialen System aus, gepaart mit der Sehnsucht nach dem Absoluten. Verschwörungen sind kein neues Phänomen, sie sind heute aber für jede:n sichtbar und leicht zugänglich. (vgl. Butter, 2018; Stumpf & Römer, 2020)

Aus theoretischer und empirischer Sicht stehen drei Hauptfunktionen mit dem Glauben an Verschwörungstheorien in Zusammenhang. Sie ermöglichen a) Selbsterkenntnis, also die Selbst-Wahrnehmung eigener Werte, Bedürfnisse und Persönlichkeitseigenschaften; sie helfen bei dem Wunsch nach Kontrolle und Sicherheit, indem b) die Realität unter anderen Blickwinkeln erkennbar wird; und sie bieten damit c) eine Basis für sozialen Austausch und die Aufrechterhaltung eines positiven Selbstbildes. (Raab, 2020; Lamberty & Knäble, 2020)

Im narrativen Denken verbinden Geschichten die persönliche Erfahrung mit allgemein menschlicher Erfahrung: „[H]uman beings think, perceive, imagine, and make moral choices according to narrative structures.“ (Sarbin, 1986, S. 8) Identität und Selbst konstruieren sich demnach mithilfe von Geschichten. – Die Handlungen von fiktiven Charakteren schärfen den Blick für eigene Überzeugungen. Wir erleben Persönlichkeiten, die wir als Vorbild betrachten, und Persönlichkeiten, von denen wir uns abgrenzen wollen. Die Bedeutung von Narrationen/Mythen für die Psyche ist elementar. (vgl. Raab, 2020)

Butter, M. (2018). „Nichts ist, wie es scheint”. Über Verschwörungstheorien. Suhrkamp.

Lamberty, P. & Knäble, J. (2020). CIA, HIV und BRD GmbH: Die Psychologie der Verschwörungstheorie. In: Zeitschrift für Diskursforschung. Beiheft, 4. Verschwörungstheorien im Diskurs, 32-56.

Raab, M. H. (2020). Fluch und Segen des Erkennens: Welchen psychologischen Nutzen hat der Glaube an Verschwörungstheorien? In: Zeitschrift für Diskursforschung. Beiheft, 4. Verschwörungstheorien im Diskurs, 57-87.

Stumpf, S. & Römer, D. (2020). Verschwörungstheorien im Diskurs. Beltz Juventa.

Das Team

Drittmittelprojekt:                                                                                                           Kooperation:                                                                                                Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend                               Dr.-Klaus-Schmidt-Hauptschule (Salzgitter-Bad)

Projektleitung:                                                                                                                 Teil des Projektteams:                                                                              Prof. Dr. habil. Harald Rau                                                                                                Jennifer O’Brien (Mediendesignerin und Pädagogin)                                                                                                                                                                   Carolin Gaus, Myrta Knauf und Svenja Marquardt (Studentinnen  Projektkoordination:                                                                                                       des Masterstudiengangs “Kommunikationsmanagement”)            Maja Bahrke M.A.

Drittmittelprojekt:                                      

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

 

Projektleitung:                                         

Prof. Dr. habil. Harald Rau

 

Projektkoordination:

Maja Bahrke M.A.

Kooperation:

Dr.-Klaus-Schmidt-Hauptschule

(Salzgitter-Bad)

Teil des Projektteams:                            

Jennifer O’Brien

(Mediendesignerin und Pädagogin)

 

Carolin Gaus,

Myrta Knauf und Svenja Marquardt

(Studentinnen des Masterstudiengangs „Kommunikationsmanagement“)

Kontakt:

Maja Bahrke (M.A.)

Projektkoordination

Tel.: 05341 875 52260
Mail: ma.bahrke@ostfalia.de